Sonntag, 10. Februar 2013

Leseprobe: *Das Wasserschlösschen zur lockeren Schraube*

So, meine lieben Leser und alle Interessierte,

heute, zum Wochenanfang, möchte ich euch ein weiteres Schmankerl überreichen.

Ich möchte euch einladen, einen Auszug aus meinem aktuellen Buch, Das Wasserschlösschen zur lockeren Schraube, zu lesen. Ich wünsche euch ein großes Lesevergnügen.




Bärbels Resümee


bzw.


Blick zurück …

Das Resümee aus Bärbels Erlebnisreise lautete: Die anwesenden männlichen Patienten hatten die Mädchenakademie, Studiengang Vollgas besucht. Leider war der Studiengang Tempo dreißig schon belegt, und die Männer, Bärbels Mitpatienten, hatten diesen Vollgasstudiengang mit dem Master abgeschlossen, hierzu herzlichen Glückwunsch!


Auch fand hier im Wasserschlösschen zur lockeren Schraube so mancher optische und kommunikative Overkill statt.


Die ganzen Mittags-Talk-Sendungen, wie sie auch alle heißen mögen, konnten einpacken!  


Hier, im Wasserschlösschen zur lockeren Schraube war alles Denkbare zur Belustigung und Bespaßung der ganzen Voyeur-Unterhaltungsindustrie real vertreten.


Liebe Casting-Teams, hier könntet ihr aus dem Vollen schöpfen. All eure künftigen Realityshows könnten hier mit Leben gefüllt werden. Hier hättet ihr die Möglichkeit, euch die Besetzungscouch zu füllen.


Bärbel war sich nicht schlüssig, warum die hier anwesenden Patienten ganz freiwillig bereit waren, aus zwei kleinen ein großes Problem zu machen?


Hier im Wasserschlösschen zur lockeren Schraube fanden sich durchweg Patienten mit psychosomatischen Problemen ein.


Wie bitte konnte man sich aufeinander einlassen? Den Homo sapiens unterscheidet doch von den anderen Säugetieren die Intelligenz, der Verstand. Warum nur wurde diese für die überschaubare Zeit des Aufenthaltes hier, in Bad Kleeblatt, in tierische Triebe gewandelt?


Dies galt selbstverständlich für Männlein und Weiblein gleichermaßen, es wurde im Wasserschlösschen keiner zum Sex gezwungen, alles fand ganz offensichtlich im gegenseitigen Einvernehmen statt. Warum nur wurden die Intelligenz und das Verantwortungsgefühl kollektiv ad acta gelegt?


Bärbel verstand es nicht, versteht es im Übrigen immer noch nicht.


Aber, es sind im Schlösschen alle mündig gewesen. Jeder der hier eingecheckten Patienten war in der Selbstverantwortung. Jeder musste letzten Endes selbst die Verantwortung für sein Handeln, sein Tun, sein Leben übernehmen. Bärbel wollte nicht den Moralapostel herauskehren, und sie wollte schon gar nicht über das Handeln ihrer Mitpatienten richten. Dies stand ihr definitiv nicht zu.


Jeder war natürlich seines Glückes Schmied. Letzten Endes musste jeder selbst entscheiden, wie weit er ging, wie weit er Dinge zulassen wollte. Aber dennoch, der Katzenjammer war in vielen Fällen ganz sicher vorprogrammiert.


Sie war nur auf einen anderen Modus geschaltet: Auf den „Ich weiß was ich habe, weiß aber nicht, was ich wiederbekomme“-Modus, auf den „Ich bin mit meiner Partnerwahl sehr zufrieden“-Modus.



Die Ärzte und Therapeuten machten einen guten Job und fühlten den Patienten mehr als einmal auf den Zahn. Dennoch, Bärbel hatte nun, da sie die Gastfreundschaft der Mitarbeiter des Wasserschlösschens zur lockeren Schraube in Bad Kleeblatt über einige Wochen hatte genießen dürfen, nicht das Bedürfnis, in nächster, für sie übersehbarer Zeit wieder in die gebotenen Räumlichkeiten einzuziehen. Würde aber, wenn dies noch einmal nötig wäre, durchaus die Gastfreundschaft der Mitarbeiter hier im Schlösschen wieder in Anspruch nehmen. Würde sich, so dies nötig wäre, wieder als Gast einlogieren, aber nur, um sich der Hilfe der Therapeuten und Ärzte anzuvertrauen. Auf das gesamte schmückende Beiwerk könnte sie gut verzichten.


Bärbel und Renate saßen am letzten Abend auf dem Balkon in Bärbels Zimmer, denn nur sie durfte ein so luxuriöses Zimmer bewohnen, und sie saßen auf dem Balkon, weil Renate in Bärbels Zimmer nicht rauchen durfte. Es war ein Nichtraucherzimmer. An der Decke hing ein Rauchmelder. Bärbel wollte nicht so gerne die Funktionstüchtigkeit dieses Rauchmelders testen.


Rente war angeblich keine Suchtkranke, sondern das Rauchen therapierte sie, es diente nur ihrer Entspannung. Außerdem schmeckte die Zigarette nach einem anstrengenden Tag so gut und in Gesellschaft gleich noch viel besser, schon klar. Daher genossen die beiden nun noch ein letztes Mal gemeinsam den Seeblick und den Sonnenuntergang. 



„Du“, fragte Renate Bärbel, „zurückblickend, was meinst du, hat dir der Aufenthalt hier im Schlösschen etwas gebracht?“


Bärbel überlegte und antwortete: „Ja, ich finde sogar, viel mehr, als ich es mir bei meinen ganzen Vorurteilen im Vorwege vorstellen konnte. Klar, wir hatten hier jede Menge Männer und Frauen, Paradiesvögel, Testosteronbomben und Östrogenschleudern, die uns das Leben in der Einrichtung wirklich schwer gemacht haben, ich fand das ganze Gehabe der Mitpatienten an vielen Tagen ganz schön anstrengend. Ich muss zugeben, dass ich etliche Male gerne auf die Schauspiele, diese Selbstinszenierungen und öffentlichen Vorführungen verzichtet hätte. Bin aber dankbar über die Wege, die uns die Therapeuten aufgezeigt haben, dankbar, dass sie meinen Nebel gelichtet haben.“



Bärbel hatte vier Tage vorher schon Kontakt zu einem Verhaltenstherapeuten in der Nähe ihres Wohnortes aufgenommen.



„Renate, weißt du“, sagte Bärbel: „ich habe für mich schon vor einiger Zeit erkannt, dass es keine Schande ist, sich in eine psychosomatische Einrichtung zu begeben. Die Gruppen und Einzeltherapien und, wie ich dir schon sagte, die vielen bunten Vögel waren für mich sehr hilfreich, meine Probleme anzunehmen, zumindest zu erkennen, dass ich Probleme habe. Ich habe schon vor einigen Tagen einen Therapeuten nicht weit von uns telefonisch kontaktiert und habe zwei Wochen nach meiner Heimreise einen Termin bei ihm.


Ich werde nunmehr auch künftig nicht mehr die Starke geben, sondern zu meinen Schwächen stehen und mir diese auch zugestehen. Zugestehen, dass ich auch Schwächen habe, dass ich Schwächen haben darf, und ich werde zu meinen Schwächen stehen. Ich muss nicht mehr immer stark sein.“


„Ja“, sagte Renate, „mir geht es ganz ähnlich. Auch ich habe mir eine Liste von Therapeuten aus der Nähe meines Wohnortes ausdrucken lassen und werde noch morgen diese Liste abtelefonieren und auch ich hoffe, dass ich schnell einen Termin bei einem adäquaten Therapeuten bekomme.“ Renate schaute gedankenversunken über den See.


Definition von Glück


bzw.


Innere Zufriedenheit

Was bedeutet eigentlich Glück?


Glück ist ein Gemütszustand und wird daher wirklich von jedem Menschen anders wahrgenommen und anders definiert.


Für den einen hat Glück nur etwas mit Geld zu tun, für den anderen heißt Glück, menschliche Wärme empfinden zu können, annehmen zu können. Für wieder andere heißt Glück einfach nur die Freiheit, Herr über sein eigenes Leben sein zu dürfen, und diesem Gedanken schließe ich, Bärbel, mich an und wünsche, dass alle, dieses, ihr eigenes, ihr ganz persönliches Glück, finden mögen.
Bildquelle:www.facebook.com/SuitcasesAndSunglasses

Herzlichst eure Bärbel

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